FounderLAB

Das Projekt „Gründerlabor“ basiert auf dem Konzept des mehrstufigen Forschungsprojektes CUBITY „Plus Energy and Modular Future Student Living“. Das FounderLAB bietet die Möglichkeit, neben den Erkennt- nissen aus der Stufe 2 – LivingLAB auch die Übertragbarkeit der Nutzung Wohnen auf das Arbeiten in die aktuell bewilligte Forschungsphase einfließen zu lassen (Stufe 3 – „Vom Prototyp zur Marktreife“: 2019-2020).

Konzept

Hintergrund

Die Stadt Würzburg erhält im Zuge des Förderprogramms „Digitale Gründerzentren“ des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie aufgrund ihres dort vorgelegten Konzeptes den Zuschlag für den Bau eines neuen Gründerzentrums.

Gemeinsam mit der Stadt Würzburg als Bauherrin, dem Zentrum für Digitale Innovationen (ZDI) Mainfranken als Nutzer und dem Fach-gebiet Entwerfen und Gebäudetechnologie der TU Darmstadt von Prof. Anett-Maud Joppien als Entwurfsverfasser und Planer wird das innovative Modellprojekt FounderLAB auf Grundlage der Vorarbeiten aus den Projekten CUBITY und LivingLAB entwickelt.

Das FounderLAB wird auf einem zentralen, leicht erhöhten Quartiersplatz der Landesgartenschau 2018, auf der Konversationsfläche der ehemaligen Leighton Baracks, errichtet. Die Grundsteinlegung erfolgt am 28. Juni 2017, die Einweihung durch Herrn Staatsminister für Wirtschaft, Energie und Technologie, Franz Josef Pschierer, am 09. Mai 2018. Die Genehmigungs-, Ausführungsplanung und Objektüberwachung übenahmen henne schönau architekten.

Heute liegt der Standort des FounderLAB eingebettet in eine zentrale Parkanlage und gehört zu dem derzeit neu entstehenden Stadtteil Hubland. In direkter Nähe liegt der Campus Hubland der Würzburger Julius-Maximilians-Universität sowie Wohnmöglichkeiten und Versorgungseinrichtungen mit Geschäften. Junge Gründer*innen finden so optimale Wohn- und Arbeitsbedingungen sowie Freizeitmöglichkeiten im Umfeld des Gründerzentrums.

Räumliches Konzept

Das architektonische Konzept des FounderLAB wird den kreativen Prozessen und spezifischen Arbeitsweisen in der Gründungs- und Findungsphase junger Unternehmer*innen gerecht und bietet bestehend aus Ideenlabor, Gründerlabor und dem Inkubator eine inspirierende und teamorientierte Raumstruktur. Diese unkonventionellen Raumangebote fördern die Weiterentwicklung von anfangs innovativen digitalen Ge- schäftsideen in erste Beispiele oder Prototypen für IT-Gründer*innen bzw. Startup-Unternehmen.

Die Flächen, z.B. für Prototypenwerkstätten, Startup-Büros, Co-Working- Bereiche sowie Aufenthalts- und Kommunikationsräume, organisieren sich in einer überhöhten zweieinhalbgeschossigen begehbaren Raum- skulptur, die sich in einem acht Meter hohen, lichten freien Hallenraum entfaltet. Großformatige Raumabschlüsse wie Vorhänge oder Schiebetüren erlauben für wechselnde Arbeitskonstellationen flexible Nutzungs- bereiche als Einzelräume für konzentriertes Arbeiten und als große fließende Gemeinschaftsflächen mit zahlreichen Co-Working-Bereichen. Das FounderLAB erhält so den offenen Charakter des kreativen Arbeitens.

Atmosphärisch wohnliche Aspekte und Materialien sowie die freie Möblierung spiegeln die für diese Arbeitsphase charakteristische Aufhebung der Trennung von Wohn- und Arbeitswelt wider. Es entstehen Räume mit unterschiedlichen Eigenschaften, auch solche für Rückzug und Entspannung. Feste technische Kernbereiche für Technik, Sanitärräume und Makerspace gliedern den Grundriss. Die transluzente Fassadenhülle fasst die unterschiedlichen Schauplätze in einer ruhigen lichten Großform zusammen und verleiht dem Gründerlabor die Prägnanz und Solitärkraft eines Landmarkes im neu entstehenden Quartier.

Konstruktion

Grundlage des konstruktiven Konzeptes bildet der kubische Baukörper des FounderLABs mit den Außenabmessungen: 16,60 x 16,60 x 9,50 Meter. Das Primärtragwerk der Außenwände ist als Skelettkonstruktion in Holzbauweise ausgeführt. V-förmig angeordnete Holzstützen, die durch zimmermannsmäßige Verbindungen am Unter- und Obergurt der umlaufenden Holzfachwerkträger angeschlossen sind, prägen die konstruktive Gestaltung der Außenwände. Die Innenwände der Raumstruktur sind in Holzständerbauweise errichtet.

Die Tragkonstruktion des Daches besteht aus einem im Quadratraster angeordneten Trägerrost aus Brettschichtholzbindern. Für die überkreuzende Tragwirkung der Holzbinder sind die zwischen gesetzten Balken biegesteif miteinander verbunden, um die Dachkonstruktion als Scheibe zur Gebäudeaussteifung zu nutzen.

Dem architektonischen Konzept der Offenheit und Flexibilität folgend sind die einzelnen Kuben mit Öffnungen ausgestattet, die den Bezug zu den zentralen Flächen im Hallenraum sowie dem umliegenden attraktiven Außenraum ermöglichen. Über die festverglasten Öffnungen oder verschiebbare Elemente ist der Bezug je nach Arbeitssituation individuell regulierbar.

Gebäudehülle

Prägende Elemente der Gebäudehülle sind die im Erdgeschoss umlaufende Pfosten-Riegel-Fassade sowie die Bekleidung der oberen Ebene mit bedruckten Polycarbonatfassadenelementen, die das FounderLAB horizontal gliedert. Die durch das transparente bzw. transluzente Fassadenkonzept sichtbaren V-förmig angeordneten Holzstützen der Holzkonstruktion rhytmisieren die Fassade und erzeugen ein abweichendes äußeres Erscheinungsbild des FounderLAB am Tag oder in der Nacht. Die offene Fassadengestaltung der Gebäudehülle folgt dem architektonischen Konzept und stellt die Anbindung an den attraktiven Außenraum her.

Das FounderLAB wird über vier mögliche Zugänge erschlossen, die sich als verglaste Türelemente kaum wahrnehmbar in die Pfosten- Riegel-Fassade der Erdgeschossebene einbinden. Die Doppelflügeltür an der Südfassade symbolisiert den Hauptzugang.

Aufgrund der transluzenten bzw. transparenten Eigenschaften der Fassade entstehen besondere Anforderungen an den sommerlichen Wärmeschutz. Dies stellt eine wesentliche Herausforderung des Projekts dar (siehe „Sommerlicher Wärmeschutz“).

Projektdaten

Standort
   Hublandplatz 1 | 97074 Würzburg
Fertigstellung
Mai 2018
Gebäudeabmessung
16,60 x 16,60 x 9,50 m
Konstruktion
– Stahlbetonbodenplatte
– Primärtragwerk als je 3 V-förmige Holzstützen je Fassadenfläche
– Sekundärtragwerk als horizontale Fassadenriegel zur Aufnahme der Gebäudehülle
– Dachtragwerk als Trägerrost aus BSH – Brettsperrholzdecke
Gebäudehülle
– Erdgeschoss: Pfosten-Riegel-Fassade mit Dreifachverglasung
– Obergeschoss: bedruckte Polycarbonat-Mehrstegplatten mit 11 Kammern
Bruttogeschossfläche
399,96 m2
Bruttorauminhalt
2.542,79 m3
Nutzfläche
278,65 m2
Anzahl Arbeitsplätze
20

Technisches Konzept

Regenerative Stromversorgung

Eine Photovoltaik-Anlage mit einer Leistung von 21,6 kWp auf dem Flachdach des FounderLAB, die von einem städtischen Versorger gesponsert wird, versorgt das Gebäude mit Energie. Diese erzeugte Energie dient neben der Einspeisung in die VRF-Kühlanlage (Variable Refrigerant Flow = Variabler Kältemittelmassenstrom) der Abdeckung des Grundlastbedarfs in der Nacht und am Wochenende.

Der Anschluss des FounderLAB an das Netz des städtischen Energieversorgers erfolgt über eine Hausanschlusssäule außerhalb des Gebäudes mittels einer Leerrohrverbindung in den Elektrotechnikraum.

Die Stromversorgung innerhalb des Gebäudes ist im Erdgeschoss über Estrich überdeckte Bodenkanäle und entsprechende Versorgungstanks gewährleistet. Im Obergeschoss dagegen wird die Elektroversorgung innerhalb der Holzständerwände bzw. in den abgehängten Decken geführt.

Lichtkonzept Fassade

Mehrere Lichtstudien zur Überprüfung der Nachtwirkung des FounderLAB, liefern die Grundlage für die endgültige Anordnung eines umlaufenden RGBW – LED Lichtbandes an der Fassade, das bei Dunkelheit die Lichtfarbe wechselt, verschiedene Akzente setzt, und so unterschiedliche Stimmungen im Außen- wie Innenraum erzeugt.

Temperierung

Aktive Komponenten

Die Temperierung (Heizen und Kühlen) des FounderLAB erfolgt über eine VRF-Anlage (Variable Refrigerant Flow = Variabler Kältemittelmassenstrom) mit Hilfe von konditionierter Luft. Das System ist als ein Zweileitersystem verbaut, in dem das Kältemittel zur Kühlung und zum Heizen verwendet wird. VRF-Klimaanlagen weisen eine sehr gute Energieeffizienz auf und benötigen als Zentralklimaanlage einen erheblich geringeren Platzbedarf.

Die VRF-Module können je nach Jahreszeit und Bedarf als Kältemaschine oder als Wärmeerzeuger betrieben werden. Die zu erzeugende Heiz- oder Kühlleistung wird durch den Inverter-geregelten Verdichter im VRF-Modul automatisch und stufenlos an den aktuellen Bedarf angepasst und Energie und Betriebskosten eingespart. Dieses System kann einen klassischen Öl- oder Gas-Wärmeerzeuger ersetzen und ganzjährig als Temperierungsanlage betrieben werden.

Deckengeräte überwiegend in den Einzelbüros und Werkstätten führen die konditionierte Luft ein; die Luftabführung erfolgt hauptsächlich über Lüftungsschlitze in den Decken im Bereich der Auskragungen des Obergeschosses, wie z.B. der Teeküche, dem Plenum und dem Co-Working-Bereich im Nordwesten.

Passive Komponenten

Zur Nachtauskühlung wird die Speichermasse der Bodenplatte aus Stahlbeton herangezogen. Die Dämmung der Bodenplatte ist ausschließlich unterseitig angeordnet; der Bodenaufbau besteht unter anderem aus 80 mm Zementestrich inklusive Spachtelung. Thermisch günstig positionierte Lüftungsöffnungen in der Pfosten-Riegel-Fassade des Erdgeschosses und in den vier großzügigen Dachfenstern unterstützen die passive Auskühlung des Innenraums im Wesentlichen. Diese Lüftungsöffnungen werden über Wind- / Regen- und Temperaturfühler gesteuert und motorisch geöffnet bzw. geschlossen.

Sommerlicher Wärmeschutz

Der sommerliche Wärmeschutz stellt neben den bereits beschriebenen Herausforderungen auch eine große Chance für die Entwicklung und Erprobung innovativer Lösungen dar. So sorgen innenliegende Sonnenschutzrollos im Erdgeschoss und motorisch gesteuerte außenliegende Rollos an den vier Flachdachfenstern im Bereich der verglasten Elemente für den sommerlichen Wärmeschutz, während für die Polycarbonatfassade des Obergeschosses ein innovativer Ansatz gewählt wurde.

Hierfür kommt die Bedruckung der Polycarbonatelemente mit einer Rastergraphik aus dauerhaften, matt reflektierenden Lacken in dieser Art erstmalig zur Ausführung. Der spezifisch auf das Projekt abgestimmte Grad der Bedruckung begründet sich auf einer vorangegangenen bauphysikalischen Simulation, in die als Parameter u.a. der genaue Standort, vorhandene technische Ausstattung und das innere Raumgefüge eingeflossen sind. Die endgültige Bedruckung ist das Ergebnis einer technischen Abstimmung mittels einer Testserie von 1:1 Mustern in Zusammenarbeit mit zwei spezialisierten Unternehmen.

Als weitere Innovation gilt der Einsatz eines innenliegenden Sonnenschutzvorhangs, dessen Höhe von ca. 5,30 m sich von Unterkante Dachrandbinder bis Oberkante Pfosten-Riegel-Fassade erstreckt. Die Länge des Vorhangs deckt im ausgefahrenen Zustand die Länge einer Fassadenseite (ca. 15,50 m) ab und läuft über runde Eckschienenelemente über zwei Fassadenseiten. Die motorische Steuerung wird so eingestellt, dass sich die Position des Vorhangs nach dem Verlauf des Sonnenstands richtet.

Raumlufttechnik

Für die Raumlufttechnik (RLT) wird ein Kompaktlüftungsgerät mit 1.750 /h eingesetzt. Die Auslegung erfolgt gemäß Arbeitsstättenrichtlinie mit einem Luftaustausch von 35 h*Person. Das Gebäude wird als ein Luftverbund behandelt; nur die Werkstätten und Sanitärbereiche erhalten separat Zu- und Abluft. Die RLT-Anlage ist mit einer Wärmerückgewinnung ausgestattet, an die die Abluft der WC-Räume angeschlossen wird. Die Steuerung der RLT-Anlage ist über ein Wochenprogramm voreingestellt; kann aber auch manuelle Anforderungen erfüllen. Die Anlage ist so individuell an die Nutzung des Gebäudes anpassbar, eine raumweise Steuerung ist jedoch nicht möglich.

Wasserver- / Entsorgung

Die Wasserversorgung wird durch die Anbindung an das öffentliche Ver- und Entsorgungsnetz gewährleistet. Die Schmutzwasserentsorgung erfolgt über das öffentliche Mischwassernetz, das anfallende Regenwasser wird über ein Freispiegelsystem in eine Mulden-Rigole geleitet. Die Entwässerung funktioniert über Schwerkraftentwässerungsanlagen weitgehend ohne Hebeeinrichtungen. Durchlauferhitzer übernehmen die in der Anzahl reduziert eingesetzte Warmwasserversorgung. Dies entspricht in diesem Fall einer energetisch sinnvollen Lösung, da aufgrund der kurzen Leitungswege Wärmeverluste reduziert werden, eine geringe Gleichzeitigkeit anzunehmen ist und das Wasser nur bei direktem Bedarf erwärmt wird.

Gebäudeautomation

Als Steuereinheit für das künstliche Licht, die Verschattungsanlage und die Lüftung wird ein Miniserver des Herstellers Loxone für die Gebäudesteuerung eingesetzt.

Die Steuerung der verschiedenen Systeme erfolgt über Taster vor Ort, eine kostenlose App des Herstellers oder direkt am Computer über eine abgestimmte Weboberfläche. Die Nutzer*innen können bei Bedarf neben Zentralfunktionen individuelle Szenarien speichern.

Der innenliegende Fassadenvorhang wird dem Sonnenstand entsprechend über ein Schienensystem automatisiert in Position gefahren. In Abhängigkeit der Außen- und Innentemperatur bzw. der Wetterlage wird in den Sommermonaten eine automatisierte Nachtauskühlung über die Öffnungen in der Fassade auf Geländeniveau und den Dachflächenfenstern durchgeführt. Das VRF-System erhält im Technikraum ein Bedientableau zur zentralen Steuerung.

Akustik

Die in Holzständerbauweise errichteten Innenwände sind gemäß schallschutztechnischer und akustischer Vorgaben für Arbeitsstätten mit Mineralwolle gedämmt und weisen darüber hinaus perforierte Oberflächen auf. Mit der feinen Perforation der Holzoberflächen werden die Wandflächen der Kuben subtil gegliedert.

Die Decken über dem EG und dem OG sind als Brettsperrholzdecken konzipiert, deren Massivität Geräusche dämpft. Innerhalb der Kuben sind Abhangdecken zur einfachen Installationsführung der TGA-Elemente vorgesehen. Die perforierten Decken sind im Hohlraum mit Dämmelementen belegt, um den geforderten akustischen Standard in den Arbeitsräumen herzustellen.

Den Nutzer*innen bleibt es überlassen, die visuelle Verbindung zu den zentralen Flächen zuzulassen oder sich für die konzentrierte Arbeit zurückzuziehen. Bewegliche, transluzente Elemente aus Plexiglas können in den Arbeitskuben vor die Öffnungen geschoben werden, um akustische Störungen zu reduzieren.

Projektbeteiligte

Bauherr

Nutzer

Konzeption und Entwurf (LPH 1-3)

Presse/Awards

Auszeichnungen FounderLAB

JahrOrganisationPreisPlatzierung
2018Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Holzbaupreis Bayern 2018 Anerkennung
2019Bund Deutscher Zimmermeister im Zentralverband
des deutschen Baugewerbes
Deutscher Holzbaupreis – Neubau Würdigung der Jury